Zum 01.07.2020 wurde, fast ohne öffentliche Wahrnehmung, die Zuständigkeit und Fachaufsicht für das Bewachungsgewerbe vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) an
das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) übergeben.
Die Private Sicherheitswirtschaft (oft nur als "Security" bekannt) hat inzwischen eine große Bedeutung in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens, die regelmäßig auch von den Bürgerinnen und
Bürgern wahrgenommen werden.
Insbesondere auch in den Zeiten von Corona werden Private Sicherungskräfte in vielen Bereichen (Einkaufszentren, Geschäfte, Busse und Bahnen, Behörden usw.) eingesetzt, um die Pflicht zum Tragen
eines Mund-Nasen-Schutzes, im Rahmen ihrer Möglichkeiten, durchzusetzen.
In sehr vielen Fällen konnten dadurch nicht nur Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Privaten Sicherheitsunternehmen gehalten werden (d.h. ohne sich arbeitslos melden zu müssen) sondern es wurden
wegen COVID-19 viele neue Menschen in das Bewachungsgewerbe gespült, die zuvor vollkommen andere berufliche Tätigkeiten verrichtet haben.
Und hier sind bereits die Probleme mit der Legalität der Beschäftigung dieser neuen (aber auch der bereits vorhandenen) Mitarbeiter:innen vorprogrammiert.
Da diese Menschen, mit der Aufschrift "SECURITY" auf dem Rücken Ihrer Weste, häufig keinerlei Qualifikation für die Arbeit im Bewachungsgewerbe haben, obwohl sie "im öffentlichen Verkehrsraum
oder in Hausrechtsbereichen mit tatsächlich öffentlichem Verkehr" ihren Dienst tun, arbeiten Sie qua § 34a GewO illegal und begehen eine Ordnungswidrigkeit nach § 144 GewO, die mit einem
Bußgeld von bis zu 5.000 EUR belegt werden kann - sowohl für den Mitarbeiter als auch den Gewerbetreibenden.
Zumeist wissen die Mitarbeiter:innen nicht, dass sie eigentlich eine Sachkundeprüfung hätten ablegen müssen, bevor sie diesen Dienst hätten antreten dürfen - die Gewerbetreibenden, also die
Arbeitgeber sehr wohl.
Wir können daher subsummieren, dass wir im kritischen Bereich der Privaten Sicherheit viel zu häufig mit Illegalität der Mitarbeiter zu tun haben.
Das Bewachungsgewerbe war und ist bis dato, durch die Fachaufsicht des BMWi (und des BAFA für das Bewacherregister) ein Gewerbe wie andere Gewerbe aus der Gewerbeordnung (wie z.B.
Immobilienvermittler, Finanzanlagenvermittler oder Spielhallenbetreiber u.a.).
Da aber zunehmend mehr private Sicherungskräfte, im Auftrag oder in Zusammenarbeit mit hoheitlichen Stellen einiger Landespolizeien, mit (allerdings nur "niederen", einfachen) Aufgaben beliehen
werden, kann es nicht sein, dass wir im Bewachungsgewerbe sehr nicht selten ein laisser faire bei der Gesetzestreue vorfinden. Es kann nicht sein, dass wir zwar gesetzlich sehr hohe Ansprüche an
die Zuverlässigkeit und Geeignetheit der Unternehmen wie der Beschäftigten im Bewachungsgewerbe haben, die Zugangsvoraussetzungen durch den Gesetzgeber nach und nach verschärft wurden, die Praxis
jedoch viel zu häufig so aussieht, als sei gar nichts geregelt.
Warum ist das so?
Ganz einfach, weil kaum Überprüfungen stattfinden! Die gesetzliche Lage und die technischen Möglichkeiten sind da, dass Polizei und Zoll, ebenso wie natürlich auch die Gewerbeaufsicht, jederzeit
individuell überprüfen könnten, wer von den Arbeitenden in SECURITY-"Verkleidung" tatsächlich dort, wo sie/er sich in Ausübung seines Dienstes befindet, tatsächlich aus rechtlicher Sicht dort
arbeiten darf. Das passiert aber nicht oder viel zu selten.
Außerdem werden die dann verhängten Bußgelder nur selten in der notwendigen Höhe verhängt, damit sie als Abschreckung dienen können.
Daher war dort im Sicherheitsgewerbe, wo die Beachtung der gesetzlichen Vorgaben als Selbstverständlichkeit beachtet wird, die Vorfreude groß und mit der Hoffnung verbunden, dass sich diese
Zustände drastisch ändern, als die Sicherheitsdienstleister dem BMI übergeben wurden.
In ein paar Tagen jährt sich dieser - offenbar nur theoretische - Übergang zum ersten Mal.
Die Fachaufsicht liegt weiterhin beim BMWi und beim BAFA. Die Zustände werden immer schlimmer und die illegal arbeitenden Unternehmen immer dreister. Warum auch nicht, wenn sie nicht oder fast
nie kontrolliert werden.
Ein Problem ist, dass seriös arbeitende Sicherheitsunternehmen sich auf dem von illegalen Praktiken dominierten Markt nicht behaupten können, weil sie kaum die Möglichkeit haben, ihre Kosten
wieder hereinzuholen.
Ein weiteres Problem ist, dass viel zu häufig auch die Öffentliche Hand Aufträge nur nach Preis vergibt, wodurch ein seriöser Wettbewerb durch Qualitätsunterschiede der Dienstleistungen kaum noch
möglich ist. Nur der niedrigste Preis zählt.
All das sollte durch den Übergang zum BMI anders werden. Seriöse Bewachungsunternehmer warten noch immer darauf. Sie können aber nicht ewig warten.
Noch in dieser Legislaturperiode sollte ein neues Sicherheitsdienstleistungsgesetz verabschiedet werden, dass gravierende Änderungen nach sich ziehen sollte. Es gibt aber noch
keinerlei Anzeichen dafür, obwohl es bereits im Koalitionsvertrag vereinbart worden ist.
Es ist viel zu tun, um Sicherheit in die Private Sicherheit zu bringen! Sie können nicht mehr lange darauf warten!
Weitere Stimmen zum Thema Sicherheitsdienstleistungsgesetz und Übergang zum BMI
In einem Interview mit ihrer ehemaligen Hochschule (NBS) hat Frau Mandy Faßbender (Fa. Kötter), die sich zuvor in ihrer Bachelorarbeit mit dem Thema auseinandergesetzt hatte, über die Vorteile
und Hoffnungen gesprochen, die mit dem Übergang der ministeriellen Zuständigkeit des Bewachungsgewerbes einhergehen.
Textfassung des Interviews